Schlemmen im historischen Kassensaal Von der Bank zum Supermarkt Über drei Jahre wurde geplant, restauriert und umgebaut, um im Kassensaal des Wiener Bankvereins den schönsten Supermarkt Wiens entstehen zu lassen. Die Erhaltung der historischen Bausubstanz und gleichzeitige Adaption an die Bedürfnisse der neuen Nutzung stellten Innenarchitekten und Sortimentsverantwortliche vor Herausforderungen, bevor am 26. Mai 2021 erstmals Dry Aged Beef und lokaler Fisch anstelle von Valuten über den Tresen gingen. „Wir haben in diesem besonderen Gebäude die besten Lebensmittel aus unserem bestehenden Sortiment zusammengeführt. Viele der Lebensmittel sind gekühlt, frisch zubereitet oder in Bedienung angeboten. Entsprechend groß waren die Herausforderungen, diese Vielfalt des Genusses in diesen historischen Räumen unterzubringen“, so INTERSPAR Österreich-Geschäftsführer Mag. Johannes Holzleitner. „Delikatessen müssen nicht größer sein“ Der INTERSPAR am Schottentor ist der bisher kleinste Standort, den die SPAR-Gruppe unter der Vertriebslinie INTERSPAR führt. Rund 1.770m² Verkaufsfläche stehen zur Verfügung, der nächstgrößere INTERSPAR am Wiener Hauptbahnhof umfasst 2200 m², reguläre Märkte 2.500-4.000 m². „Kein Standard-Regal, keines unserer Sortimentsmodule hat hier hereingepasst. Wir haben unser Sortiment, den Ladenbau und die Möblierung vollkommen neu geplant, um in diesem kompakten Markt alle Highlights aus den INTERSPAR-Sortimenten präsentieren zu können“, berichtet Johannes Holzleitner. Vollwertiger INTERSPAR auf kleiner Fläche Gelungen ist die ideale Warenkombination durch enge Zusammenarbeit innerhalb der SPAR-Gruppe. Die Grundsortimente sind angelehnt an die wiener Vertriebslinie SPAR-Gourmet. Ergänzt wird dieses Basis-Sortiment aus Industriemarken und Eigenmarken von S-BUDGET bis SPAR PREMIUM durch die bestdrehendsten INTERSPAR-Artikel und durch handverlesene Spezialitäten, die nur im INTERSPAR am Schottentor angeboten werden. „Jeder Regalmeter in diesem Markt wurde in einer Sonderhalle vorher zur Probe eingeräumt und um jeden Zentimeter gerungen, um möglichst viele Produkte unterzubringen. Wir haben hier sogar die Regaltiefen und Gangbreiten reduziert, um zusätzlichen Platz zu gewinnen. Selbstverständlich bieten wir unsere gesamte Range vom Preiseinstieg bis zu Premium-Artikeln an, wobei der Premium-Anteil hier natürlich größer ist als sonst“, so Johannes Holzleitner weiter. Auf ein Minimum reduziert wurden hingegen Non-Food-2-Sortimente und Getränke in Kisten. „Der überwiegende Teil unserer Kundinnen und Kunden wird zu Fuß kommen, da machen großvolumige Artikel keinen Sinn.“ Das INTERSPAR-Flugblatt ist gültig und wird ergänzt durch ein eigenes INTERSPAR am Schottentor-Flugblatt mit zusätzlichen Angeboten. Aufwändige Erhaltungsmaßnahmen und Adaption „Im Vergleich zu unserem ersten Besuch ist die Kassenhalle heute nicht wieder zu erkennen. Wo früher fehlende Beleuchtung und dicke Staubschichten den Blick verwehrten, glänzt heute die über 100 Jahre alte Dekoration mit ihren Atlanten, Glasfenstern und Ornamenten wieder“, ist Markus Kaser, SPAR Österreich-Vorstand, begeistert. In enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt haben der Immobilienentwickler Pema und INTERSPAR nachträgliche Einbauten entfernt, Beschädigungen aufwändig restauriert und den historischen Zustand wiederhergestellt. Über 100 Restaurateure gleichzeitig arbeiteten im Gebäude. Für die notwendigen Installationen eines Supermarktes wurden behutsam Materialien aus der Bauzeit des Gebäudes mit moderner Technik kombiniert: - Hohlboden: Im gesamten Kassensaal ist ein optisch identer zweiter Boden über dem historischen Marmor eingezogen, in dessen Zwischenraum alle Versorgungsleitungen liegen. Im angrenzenden ehemaligen Schalterbereichen wurden neue Bodenbeläge gewählt, da hier keine historische Substanz mehr vorhanden war. Auch im heutigen Restaurant Mezzanin wurde der Boden nach historischen Vorlagen neu verlegt. - Lampen: Die originalen Lampen aus 1912 wurden bereits in den 1930er Jahren großteils entfernt und waren bei Übernahme nur mehr im Oktagon vorhanden. Im Kassensaal spendeten zuletzt Hallogenröhren über den Kassentischen künstliches Licht. Das Beleuchtungskonzept in der gesamten Kassenhalle wurde auf Basis von historischen Bildern und in Abstimmung mit dem BDA zur Gänze erneuert. Die Planung und Realisierung wurde gemeinsam mit Bartenbach und Zumtobel umgesetzt. - Befestigung: Eine Befestigung nachträglicher Einbauten am historischen Mauerwerk war nicht mit dem Denkmalschutz vereinbar. Keine der nachträglichen Einbauten wie Kühlzellen, Regale oder Theken im denkmalgeschützten Bereich ist daher mit den Mauern verbunden. Die gesamten Regalsysteme wurden speziell für diesen Standort gekürzt und teilweise mit Rollen versehen, um flexibel zu bleiben. Ausstattungshighlights für den genussvollsten INTERSPAR Wiens Einige der Ladenbau-Elemente wurden erstmals und speziell für den neuen INTERSPAR am Schottentor umgesetzt. Die freistehenden Kühlungen in der Market Kitchen, gefüllt mit belegten Baguettes, knackigen Salaten und essfertigem Obst stammen von Edeltechnik Kluckner und wurden eigenes an das Design der Market Kitchen angepasst. Im zweistöckigen Trockenschrank der Firmen AKE/Kluckner präsentiert TANN Prosciutto und andere Schinkenspezialitäten, die auf der original Berkel Volano aufgeschnitten werden. Ebenfalls bei TANN ist ein Dry Ager von AKE/Kluckner für die sorgsame Reifung von heimischem Rindfleisch im Einsatz. Die Kühlmöbel von Carrier werden über die zentrale Verbundanlage mit Kälte versorgt, als Kältemittel wird klimaschonend CO2 eingesetzt. Geschichtsträchtiger Standort Das Gebäude des Wiener Bankvereins zwischen Schottenring, Schottengasse und Schottenbastei begeisterte bei seiner Eröffnung am 16. August 1912 Bevölkerung und Fachleute gleichermaßen. Die beiden Architekten Ernst von Gotthilf und Alexander Neumann hatten ein repräsentatives und gleichzeitig funktionales Gebäude geschaffen, das Vorlage für Bank-Neubauten in ganz Europa wurde. Gebäudebestimmend im Mittelpunkt des Hochparterres liegt der imposante Kassensaal. Er ist reichlich dekoriert mit stuckierter Balkendecke, getragen von 20 Atlanten auf Pfeilern und ornamentierten Fenstern. Der frühere Publikumsbereich mit Marmorvertäfelung erstreckt sich über zwei Etagen und wurde beidseits von eingeschossigen Schalterbereichen flankiert. Am Schnittpunkt der zentralen Gebäudeachsen öffnet sich der Kassensaal zum Oktagon. Während der Mittelteil über die bleiverglasten Fenster im ersten Stock beleuchtet wird, erhalten die seitlichen Schalterbereiche sowie das Oktagon Tageslicht über Lichtkuppeln in den Innenhöfen und den Milchglas-Boden des darüber liegenden Festsaals. „Dieser Kassensaal gehört zu den größten seiner Art in ganz Europa und ist jedenfalls der geräumigste und schönste, den ein Wiener Institut besitzt.“ Neue Freie Presse, 11. August 1912 Mit Zusammenschlüssen und Übernahmen zogen zuerst Creditanstalt-Wiener Bankverein, zuletzt die Bank Austria in die repräsentativen Räume ein, bis 2016 der Bankbetrieb in der Schottengasse 6-8 geschlossen wurde. Der Immobilienentwickler Pema ließ seither die Räume in mühevoller Detailarbeit aufwändig restaurieren. INTERSPAR erhielt den Zuschlag für die Umsetzung eines Lebensmittel-Marktes mit Gastronomie in der zentralen Kassenhalle. „An der Fassade erinnern noch symbolische Dekorelemente an die Bank, die aber auch perfekt zu den Tugenden der Kaufleute passen: Helm und Stab von Hermes, dem griechischen Gott der Bankiers und Kaufleute, das Füllhorn als Symbol für Wohlstand und der Bienenkorb für die Sparsamkeit. In diesem Sinne knüpft unsere neue Nutzung perfekt an das bisherige Bankgeschäft an“, so Mag. Markus Kaser. Denkmalschutz und neue Nutzung sind vereinbar „Dieses Gebäude wurde auf die spezifischen Anforderungen und Abläufe einer Bank hin geplant. Eine neue Nutzung birgt daher immer die Gefahr von gravierenden Änderungen. Dank des engen Austauschs zwischen Bestandsgeber Pema, INTERSPAR und den Experten des Bundesdenkmalamts ist dieses Projekt ein Musterbeispiel, wie sich erhaltenswerte Gebäude mit neuem Leben füllen lassen“, so DI Katharina Roithmeier, Projektleiterin des Bundesdenkmalamts. Erfahrung mit historischen Gebäuden Die SPAR Österreich-Gruppe hat langjährige Erfahrung mit Märkten in historischen Gebäuden und kennt die Tücken und Vorzüge derartiger Adaptierungen. „Wir haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Märkte in denkmalgeschützten Gebäuden in Österreich und den Nachbarländern umgesetzt. Die Erhaltung der Substanz und der Dekorelemente, die diesen Gebäuden ihren Charme verleihen ist dabei oberste Priorität. Gleichzeitig wollen wir unseren Kundinnen und Kunden natürlich das Einkaufserlebnis eines modernen Supermarktes mit umfassenden gekühlten Sortimenten, großzügigen Bedienabteilungen und Food Trends bieten. Die Verbindung von Technik, Sortiment und Denkmalschutz ist die hohe Kunst der modernen Handelsarchitektur“, so Mag. Markus Kaser, SPAR Österreich-Vorstand. Beispiele für SPAR-Supermärkte in historischen Gebäuden finden sich in der Nussdorfer Markthalle, in Mozarts Geburtshaus, im Teatro Italia oder im Foro Boaria am Prato della Valle.   Beteiligte Unternehmen - Architekten KBIA (Kulmus Bügelmayer Interior Architects) INTERSPAR-Hypermarkt: - Regalsysteme: umdasch Store Makers Management GmbH, Amstetten Store Concept GmbH, Leibnitz - Kältetechnik Carrier GmbH, Wien - Kühlmöbel Carrier, AKE/Kluckner - Lichttechnik Zumtobel Lighting GmbH, Dornbirn - Kassensysteme ITAB Germany GmbH Das Mezzanin: - Bar und frontcooking EDELTECHNIK KLUCKNER GmbH, Innsbruck - Bar, Frontcooking und Küche LOHBERGER KÜCHEN GMBH, Schalchen - Tischlerarbeiten Tischlerei Perfler, Außervillgraten - Beleuchtung Zumtobel Lighting GmbH, Dornbirn